Dienstag, 22. März 2011

Gesehen: Offene Zweierbeziehung in der WerkstattBühne Würzburg

Die WerkstattBühne zeigt zur Zeit die "Offene Zweierbeziehung" von Ehepaar Dario Fo und Franca Rame. Gewohnt direkt geht es also in dieser Inszenierung von Cornelia Wagner zu: Als Boxkämpfer treten Er und Sie Antonia in den Ring und geben sich einen Schlagabtausch der verbalen Art, dass einem die Ohren klingeln. Antonia, durch die stetigen Liebesabenteuer des abtrünnigen Schwerenöter-Ehemanns frustriert und deprimiert, will sich lieber eine Suite im Würmerhotel mieten, als weiterhin ihr trauriges Dasein zu ertragen. Vom Sprung aus dem Fenster über orale Medikamentenzufuhr bis zur Pistole wird alles probiert - immer wieder verhindert durch den Ehemanns. Der schlägt schließlich vor, die ganze Sache bei all dem Stress ein bißchen lockerer anzugehen: Jeder darf fremdgehen, solange die eheliche Achtung bleibt! Recht oft tauchen da die Worte mit V... und F... auf, alles Synonyme für die den Begriff der Durchführung des Geschlechtsverkehrs. Man könnte amüsiert sein, erstaunt, oder auch denken: Nicht schon wieder ein Stück über die Befreiung der Frau - ich aber bin begeistert und bewundere. Bewundere vor allem Dagmar Schmauß - wahrscheinlich in der Rolle ihres Lebens: Als zunächst verletztes, lebensmüdes Eheweibchen mausert sie sich zur Antonia, die weiß, wie man Männern den Kopf verdreht und selbstbewusst ein neues Leben beginnt. Dass hier alles ein bißchen sehr emanzipiert wirkt, ist bei diesem Geschlechterkampf dann wirklich nebensächlich - denn während sich Joachim Vogt und Dagmar Schmauß von Runde zu Runde gegenseitig k.o. spielen, kommt man kaum zur Analyse und bestaunt vielmehr mit viel viel Spaß große Kleinkunst.

Offene Zweierbeziehung - noch bis zum 02.04.2011 in der WerkstattBühne Würzburg.

Sonntag, 6. März 2011

Aus gegebenem Anlass: Narrentanz im Karneval!

.... ähm, Fasching, meine ich natürlich. So heißt das nämlich in meiner wunderschönen Wahlheimat Unterfranken. Ich liebe ja Karneval schon seit ich im Kindergarten war. Meine Mutter gab sich da auch immer die größten Mühen, damit ein hübsches Kostüm hatte. Das putzigste war wohl mein Schneeflöckchen-Kostüm aus dem zweiten Kindergartenjahr. Wusste zwar keiner meiner Kindergartenkollegen, was ich sein sollte, aber es war supersüß und superflauschig, ich trug eine Perücke und - ganz wichtig! - Glitzer im Gesicht. Durch die Jahre hat sich auch gehalten, dass ich gerne kostümiert bin. Vor allem wegen des Glitzers, auf den ich ja leider im Büro immer verzichten muss... Ich habe also schon Sissi, Prinzessin, Dornröschen, gefühlte dreihundert Mal Katze, Steinzeitmensch, Teufel und Oma, Vampirjägerin und Mistkäfer hinter mir. (Letzteres sollte eigentlich ein Glückskäfer werden, aber das verstand mein Umfeld irgendwie anders...) Die meisten dieser Kostüme haben übrigens auch sehr geglitzert... Aber den Karneval bin ich sozusagen auf den Modegeschmack gekommen, ich habe irre viel Spaß am Verkleiden und kann da einmal im Jahr ein paar Tage am Stück so rumlaufen, wie ich es irgendwie eigentlich gern einmal die Woche machen würde...

Ein Problem an der Sache ist natürlich, sich im Freundes- und Bekanntenkreis als Karnevalsfan zu outen. Das stößt gelegentlich auf Unverständnis. Meistens mit Argumenten wie: "Ich hasse diese aufgesetzte Fröhlichkeit und ich will nicht auf Kommando Spaß haben müssen".
Aha. Also, ist ja Ansichtssache, aber ich bin im Karneval meistens einfach fröhlich, weil ich da feiern kann. Das ist auch nicht aufgesetzt, denn die Stimmung ist da in der Regel wirklich gut. Man lernt gerade über die Kostüme dauernd Leute kennen, und eigentlich mögen sich immer alle, weil alle gute Laune haben. Im Karneval muss auch keiner auf Kommando Spaß haben, sondern der ergibt sich einfach. Und es ist doch toll, wenn man einen Anlass hat, sich mal völlig auszulassen!

Leider wird mit Karneval dann auch meistens das Thema Prunksitzung verbunden. Prunksitzungen kann ich gar nicht leiden. Die waren bei uns im schönen Sauerland zwar oft die einzige Möglichkeit, in pubertären Zeiten an Bier zu kommen und sich vorher völlig ungeniert am Schminkkasten zu vergreifen (Glitzer!). Man verkrümelte sich aber dann mit den ganzen anderen Pubertierenden ganz gediegen in der letzten Reihe der Schützenhalle Oeventrop und feierte eigentlich Privatparty, denn das Programm war ja vorne und damit weit weg. ;-) Ich erinnere mich aber trotzdem nur zu gut an das "Lied vom Wolpertinger" (Refrain: "Wolperti-Wolperta-Wolpertumderaaaahh"!). Jedes Jahr performed by Willi R., dem Opa einer Klassenkameradin. Leute, das hatte echt Charme! So viel aber nun abschließend zum Thema Prunksitzungen...
Karneval geht ja zum Gück auch ganz anders, denn er hat durchaus viele Gesichter: Straßenkarneval, Faschingszug und Kneipenkarneval sind mir nämlich voll symphatisch. Wenn man da ungeniert die Kostüme der anderen Mitfeierer anstarren kann und auch mal einfach mit den frisch-neuesten Bekannten - z. B. in illustrer Runde mit Napoleon, einem Schwein und Nosferatu - ein Bierchen trinkt. Karneval ist die einzige Zeit im Jahr, in der ich ohne Scham Schlager von Wolfgang Petri mitgröhlen kann und Lieder mit so hochphilosophischen Texten wie "Alles hat ein Ende nur die Wurst hat zwei" gespielt werden.

Unser Karneval hat mich und meine kostümierten Mitstreiter mal wieder in die alte Heimat, den Würzburger Nachtwächter, geführt. Um vier Uhr verabschiedeten wir uns von neuen und alten Freunden und verabredeten uns für den nächsten Tag um fünf - im Nachtwächter, versteht sich. Das war etwas gewagt und leider zwangen mich besondere postparty-verarbeitungstechnische Kausalitäten am nächsten Tag, diesen Termin nicht wahrzunehmen... Noch nichtmal zum Faschingszug in der Innenstadt war ich fit, um ehrlich zu sein. Trotzdem kann mich so ein Faschingsabend im Kneipenkarnevalsmetier unheimlich glücklich verkatert sein lassen. Wenn man will, kann man also in Franken prima Karneval feiern!

Foto: Als fée verte mit grünem Absinth-Kostüm im Würzburger Nachtwächter