Samstag, 25. Januar 2014

Ode an die White Pearl

Ich hab mein Auto platt gefahren. 
Es ist wirklich passiert, und bis heute verstehe ich den Hergang nicht ganz. Die Ära der White Pearl ist damit Geschichte. Ich brauche ein Auto, und zwar schnell. Also leihe ich erstmal Mamas. 
Und das heißt, dass die schlimmste Strafe an der ganzen Sache erstmal darin besteht, ein Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach NRW zu tätigen. Ich sage das nur, weil bei dem Unfall echt nur Blech zu Schaden kam. Und damit kann man sogar ganz glücklich sein. Zumindest, wenn man einen Unfall hatte, bei dem man das Wort Totalschaden plötzlich in Bezug auf sein eigenes Auto als ganz und gar unausweichliche Realität akzeptieren muss.
Wer mich aber auch nur ein ganz kleines bisschen kennt, der weiß, dass mich schon die bloße Aussicht auf eine Fahrt im Zug völlig aus dem Häuschen und hoch auf die Palme ganz oben bringen kann - es gibt nämlich kaum was, das mich mehr nerven könnte: Fahrplanstudien und Fahrkartenkauf sind für mich dermaßen enervierend, dass ich mich bereits nach kurzer Zeit dabei ertappe, wie ich - einem verzweifelten Rentner gleich - auf Fahrkartenautomaten herumhämmere oder den Ticketentwerter anschreie. 
Auf Gedeih und Verderb einem Verspätungs- und Anschlusssystem ausgeliefert sein, gefällt mir ungefähr so gut wie Wartezeiten an schlechtem Odeur verströmenden Bahnsteigen und der Charme von fossilen Bahnhofsklos. Und nein!!! - ich finde es kein bisschen zwischenmenschlich-kommunikativ, wenn ich den Sitznachbarn fragen muss, ob er mal auf meine Sachen aufpassen kann, weil ich mal pinkeln muss!!! Ich will keinen, "der mich vom Bahnhof abholen muss". Und erst recht keine verständnisvollen Mitreisenden, die ihre Kinder frei herumlaufen und meine Sachen antatschen lassen. 

Ich brauche einen Kofferraum, denn ich bin ´ne Frau, ich BRAUCH die drei Koffer für das Wochenende, ja, verdammt, und will sie nicht auf Bahnsteige wuchten!!! Jeder Stau ist zehnmal komfortabler als ein kalter Bahnsteig voller Zigarettenkippen und dubiosen Gestalten, die Billig-Energydrinks aus Dosen trinken und sich in Gruppen um Mülleimer rotten... Autos sind gemütlich und komfortabel, sie haben außerdem Charakter. Es gab zu Studienzeiten ein Auto, in dem ich sogar unliebsame Post von Prüfungsämtern öffnete, weil ich mich dort sicherer und mehr zuhause fühlte als sonst irgendwo. Ich will alles mitnehmen können, was ich will, wenn ich reise, die Temperatur selbst einstellen und entscheiden, wer neben mir sitzen darf.

Ich liebe Autofahren. Und ich hasse öffentliche Verkehrsmittel. Von jeher konnte ich fröhlich lachen über WItze wie: "Genieß den Urlaub in vollen Zügen, fahr mit der Bahn!" Und jetzt hat es mich selbst erwischt. Ich trauere infolgedessen um mein kleines, weißes Kuschelmobil. 
Und an die White Pearl, die mich seit Dezember 2010 begleitet hat, geht dehalb folgende Abschiedsode voller Tränen und Abschiedsschmerz: 

Danke, oh White Pearl,
du heißgeliebter fahrbarer Untersatz,
du Bastion gegen schlechte Gerüche von außen,
Schutz vor Bahnsteigen und Güllewagen,
Schutz vor Smalltalk im Speisewagen,
du geduldiger Zuhörer,
wenn ich über Stunden und Tage immer wieder
ganze CDs von Roger Cicero mitsang,
Du glückseliger Sommersegler auf hitzegeplagter Autobahn,
Danke für alle schönen Stunden
Die ich geplagt vor Gerichtsterminen
und selbstzufrieden nach Gerichtsterminen
Und manchmal auch überhaupt nicht zufrieden nach Gerichtsterminen
in deinen klimaanlagenlosen Sitzen liegen
durfte. 

Danke für die Fahrten nach Amsterdam und tausendfach ins Sauerland
und nach Duisburg, Köln und irgendwo nirgendwo
bei 105 am Berg auf der Autobahn
Und bei 150 km freien Fall auch auf der Autobahn
Oh White Pearl, mein Abschiedsgruß
Begleitet dich nach sonstwo und irgendwo 
wo du trotz Achsschaden wegen weniger strenger Gesetze 
als in good old Germany
Wohl doch noch
weiterfahren darfst!!!
Chapeau! Viel Glück!
Ich trink auf dein Wohl!