Mittwoch, 7. Oktober 2009

Von Pilzsuchern, Pilzsammlern und Pilzdieben


Das Wochenende verbrachte ich mit dem Liebsten im schönen Sauerland. Am Sonntag ging es in die Pilze. Nach dem einen oder anderen Fliegenpilz stießen wir auf ein wunderschönes, großes, braunes Pilz-Exemplar, das unbedingt essbar aussah und als Steinpilz durchging.



Der Liebste jedenfalls konnte nicht umhin, den Pilz zu ernten und als Trophäe mitzunehmen.

Damit es auf dem Weg aber nicht etwa beschwerlich werden, die Beute mit sich herum zu tragen, deponierte er das gute Stück hinter dem Wagenrad eines am Wegesrand geparkten Anhängers. Da wollte er den Pilz dann auf dem Rückweg wieder einsammeln und abends genauer untersuchen. Jedenfalls war mein Liebster wirklich sehr stolz:



Doch oh weh...! – als wir zurückkamen, lag da kein Pilz mehr. Nur noch ein abgeschnittenes Scheibchen vom Stamm, sorgfältig vom Rest des wunderschönen Fundstücks mit dem Messer abgetrennt, zeugte noch davon, dass dort einmal ein Pilz versteckt wurde! Der Liebste war entsetzt: Denn so einen Pilz, den findet man nur einmal im Leben. Und dann noch schändlich von Pilzdieben bestohlen zu werden, das war wahrlich kein schönes Erlebnis. Mein Vater meinte freilich, mit so einem einfachen Versteck können man einen Sauerländer auch nicht hinters Licht führen. Trotzdem fühlte sich der Liebste verraten und verkauft, betrogen und hintergangen vom gemeinen sauerländer Pilzdieb.



Zum Trost brachte der Nachbar am Abend einen ganzen Korb voller Pilze vorbei. Voller Gottvertrauen haben wir die alle gegessen – sei es aus Trotz, sei es aus trauriger Enttäuschung – und sie haben sehr gut geschmeckt, ohne dass wir Farben gesehen hätten oder uns schlecht geworden wäre. Pilze sind schon was feines. Also hatte das Sauerland trotz seiner kriminellen Seiten auch noch eine Entschädigung zu bieten.

Freitag, 2. Oktober 2009

Selig – Und endlich unendlich Tour 26.09.2009

Am Wochenende war es dann endlich so weit: Das lang ersehnte Selig-Konzert, auf das ich nun immerhin 12 Jahre gewartet habe, war endlich in greifbare Nähe gekommen. Allerdings war bereits der Weg dorthin auf Grund des zeitgleich stattfindenden Oktoberfestes ein Erlebnis: Schon in der U-Bahn bin ich mit zwanzig singenden Russen gefahren. (Ich habe noch versucht, den entsetzten Franzosen neben mir zu erklären, dass es sich bei der sangesfreudigen Meute nicht um Deutsche handelte!). Nach Besuchern des Selig-Konzertes sah da jedenfalls keiner aus, und somit fand ich das ganze schon ziemlich komisch grotesk – zumal ich bisher kein einziges Plakat in der ganzen Stadt gesehen hatte. Trotzdem: Vorfreude ist die schönste Freude. Als ich am Ostbahnhof ausstieg, konnte mir allerdings kein Mensch dort die Frage beantworten, wo diese Konzerthalle sein sollte. („Können Sie mir sagen, wo ich die Tonhalle finde?“ – „Was? Turnhalle? Kenn ich nicht!“) Tausend Plakate auf dem Weg, den ich mir also selbst zusammenbasteln musste – aber kein einziges von Selig. Ganz ehrlich: Ich dachte, ich sei so kurz vor dem Ziel, und nun sah es echt so aus, als ob das Konzert nur in meiner Phantasie stattfinden würde. Ich hab dann nochmal schnell die Karte kontrolliert – nicht, dass da Oktober draufsteht statt Septeber, oder 2010 oder so. (Man weiß ja nie, und die Karte hab ich immerhin schon seit April gehütet!) Schließlich habe ich die verflixte Halle doch gefunden, und da sah es dann schon vedammt nach Selig aus. Um kurz vor acht suchte ich mir einen herrlichen Platz aus – etwa sechste Reihe vor der Bühne, genau in der Mitte und mit bestem Blick auf das Hauptgeschehen. Vor mir ein Ehepaar in den Mittvierzigern (ich denke, bestimmt mit den Kindern da), rechts hinter mir allerdings Konzertbesucher, die die Welt nicht braucht: der eine kannte überhaupt kein Lied von Selig und verkündete dies auch lautstark, dann noch ein kleiner dicker Typ mit Brille, der die ganze Zeit vor dem Konzert das Umfeld innerhalb von zwei Metern mit Geschichten darüber nervte, wie er einer vegetarischen Damenbekanntschaft Fleisch näherbringen möchte. Das ganze auch noch mit froschiger Quakstimme und großzügig mit Sinnlosigkeiten gespickt. Irgendwann habe ich mir überlegt, dass ich eigentlich einzig und allein gern sehen würde, wie ihm ein Krokodil in den Hintern beißt. Soviel zum Vegetarierdasein. (Die Typen nervten sogar noch während des Konzerts durch Zwischenrufe. Irgendwann waren sie weg. Gott sei dank – ich hatte nämlich die Karte bezahlt, um Selig zu hören, und nicht für dämliches Geplapper im Rücken).
Um zwanzig nach acht geht´s los – sofort mit „Ist es wichtig“. Vor Freude entfleucht mir fast eine Träne, die ich verstohlen aus dem Augenwinkel entferne. Ich bin absolut zufrieden und glücklich, einfach selig, dort zu sein. Und dann gibt es zwei Stunden lang nur Selig, Selig, Selig... Überraschenderweise kennen die Mitvierziger vor mir sogar einige Texte, und der symhatische langhaarige Fan links neben mir fängt an, wild Luftgitarre zu spielen. Ich befinde mich also in bester Fangesellschaft. Neben ihm fällt mein wildes Tanzen gar nicht auf, ich kann voll auf der Welle mitschwimmen. Die Stimmung ist super – und ganz ehrlich, sie schaffen es tatsächlich, wirklich die besten Lieder auch live auf die Bühne zu bringen. Das habe ich so noch nie bei einem Konzert erlebt!!! Meistens wurden meine Lieblingssongs nicht gespielt, denn die besten sind ja meistens nicht die, die auch im Radio gespielt werden. Ganz anders bei Selig: Sogar die alten Sachen sind nämlich dabei, und wenn auch nicht mein Lieblingslied vom neuen Album den Weg auf die Bühne findet, so sind echte Höhepunkte für mich doch „Kleine Schwester“, „ Sie hat geschrien“, „ Arsch einer Göttin“ oder „Glaub mir“. Es ist übrigens großartig, auf dem Konzert einer Band zu sein, von der man wirklich jeden Song kennt – bei jedem Mal, dass neue Anfangstakte ertönen, gerät man erneut in Ekstase – einfach nur,weil es DIESER Song ist, den man jetzt hört!!! Und ich habe mich übe jeden einzelnen gefreut, der gespielt wurde. Selig sind übrigens auch live wanhsinnig gut, also nix von wegen bloß Studioband oder so. Nein, die haben es wirklich drauf und zaubern auch auf der Bühne mit Worten und Musik, wie man es von jedem Album kennt.
Zum Schluss gibt es tatsächlich noch „Wenn ich wollte“ – zum Durchdrehen genial. Das Konzert ist viel zu schnell vorbei, denn es gibt ja so viele absolut geniale Songs von Selig. Am liebsten würde ich sie alle hören, und sie spielen gefühlt auf meinem Platz in der Mitte der Nacht nur für mich...

Als ich meine Jacke nach drei Zugaben hole, lausche ich zwei Konzertbesuchern hinter mir, die sich über das junge Publikum mit den Handys beschweren. Weil man keine Hände mehr oben sieht, sondern nur Blitzlichtgewitter von schlechten Handykameras. Ich schäme mich ein bißchen, habe ich doch auch zwei Bilder gemacht. Ich weiß schon: Klar kann man mit einem Hand Fotos machen. Aber ich geh ja auch nicht mit einem Tennischläger Golf spielen.
Also gelobe ich hiermit feierlich, nie wieder auf einem Konzert mit dem Handy ein Foto zu machen. Die diesmal auf diletantischste Weise entstandenen will ich aber dennoch nicht vorenthalten. Voila, Selig. Hallelujah auf dem Weg zur Ruhe.