Montag, 22. Oktober 2018

Dreigroschenfilm

Obwohl ich heute Nacht bis zwei unterwegs war, habe ich mich aus dem Bett gequält, um die letzte in Würzburg dargebotene Vorstellung des "Dreigroschenfilms" zu sehen. Zu meinem großen Erstaunen lief der nur im kleinen Programmkino, und es gab nur einige ganz wenige Vorstellungen in Würzburg. Und das, obwohl das der im Moment wohl durchaus sehenswerteste deutsche Film sein dürfte. 

Es ist 1928 und Bertold Brecht feiert mit Uraufführung der Dreigroschenoper in Berlin einen sensationellen Erfolg, mit dem zunächst niemand gerechnet hatte. 

Kurt Weill und Brecht sind von nun an Stars am deutschen Unterhaltungshimmel - und obwohl sie sich anfangs wehren, wird ein Vertrag mit der Filmindustrie abgeschlossen und die Verfilmung des Stücks in Angriff genommen. Die Interessen der Künstler und der Geldinvestoren stehen aber diametral zueinander (denn was das Publikum will, entscheidet der Geldgeber) und so gipfelt das Ganze in einem Prozess über die Urheberrechte und das geistige Eigentum; all dies überschattet vom Erstarken der NSDAP unter der Führung Adolf Hitlers. 

Sagenhafte 135 Minuten lang - die aber niemals langweilig erscheinen - erzählt Joachim Lang also zwei Geschichten: Die des aufmümpfigen, cleveren Bertold Brechts und die "Dreigroschenoper", von Musik ganz im Stile Weills und Tanzszenen übermalt - vielleicht, aber auch nur vielleicht so, wie Brecht sich das immer vorgestellt hatte. 

Die Handlungen werden aber vermischt - bis ins skurrile überzogen und überlagert:  Die Parabel, die die Fehler der gutbürgerlichen Gesellschaft aufdeckt, auf den Kulturkonflikt im von den Nazis geführten Deutschland übertragen. Das gelingt nicht immer ganz,  dennoch wird eines klar: Wer intelligent ist, gewitzt ist, Freiheit und künstlerischen Spielraum als Ziele verfolgt, den Menschen kritisch und kritikfähig erhält und dabei einem bestimmenden, totalitären System die Stirn bietet - wird am Ende gefressen, weil das System die Spielregeln aufstellt. 
Sämtliche Äußerungen Brechts - wunderbar charmant und voll Esprit dargestellt von Lars Eidinger -  in diesem Film sind übrigens Zitate von Brecht selbst, die in die Dialoge eingebettet und eingeflochten wurden. Zuweilen, obwohl ich viele davon tatsächlich kenne, weil ich sie irgendwann einmal irgendwo gelesen habe, sind sie aber so schnell vorgetragen, dass mit die Botschaft gar nicht verständlich werden kann. Das ist für ich aber ein kleines, und verträgliches Manko. 

Ich hab nämlich heute was gelernt:  Und zwar, dass ein einschränkendes System, das den Menschen verdummen lässt und zuviel Kontrolle ausübt, verkehrt ist. Und wenn ich am Ende des Films dann nach Brechts Flucht aus Deutschland altes Filmmaterial sehe - von brennenden Bücherbergen und Adolf Hitler - dann frage ich mich, ob nicht jeder der zur Wahl geht sich ernsthaft fragen sollte: 

Was ist mir meine Freiheit wert? 



Keine Kommentare: