Mittwoch, 1. Mai 2013

Reflexionen über den Froschkönig

Neulich habe ich tatsächlich die Prinzen wieder entdeckt. Damals - in den ewig von mir verehrten 90ern - brachten die ein Album raus, auf dem ein Froschkönig mit Krone saß und fett drauf prangte: KÜSSEN VERBOTEN. Die Darstellung des Froschköngs haben die Prinzen seither in steter Regelmäßigkeit wieder bemüht. Schon damals, 1992, gerade mal stolze elf, habe ich mich ja gefragt, was das soll. Die wollten also lieber Frösche bleiben und keine Prinzen werden. Oder umgekehrt?
Trotzdem haben natürlich unter anderem die Prinzen mit ihren netten kleinen auf deutsch gesungenen Liedchen den Beginn meiner Musikbegeisterung ein kleines Stück begleitet, und wie oft im Frühjahr (da wurde ich dann zwölf und der Osterhase brachte ALLES NUR GEKLAUT bei Oma, weil ich einfach zu dick für Schokolade war) sind sie mir auch dieses Jahr irgendwie eingefallen und ich hab mal wieder reingehört.

Und wie ich so mit der White Pearl durch die Gegend eiere und die Prinzen mir was vorsingen, denke ich drüber nach, wie man eigentlich auf sowas blödes wie das Froschding kommen kann. Und wieso muss man eigentlich "viele Frösche küssen, bevor man einen Prinzen trifft"? Vom Froschkönig kommt das ja wohl sicher nicht. Genau genommen wird nämlich in der gesamten deutschen Märchenliteratur ganz sicher kein Frosch geküsst, sondern vielmehr zu erlösende Prinzessinnen. Und letztere Mission erledigen im Normalfall ganz bestimmt keine Frösche. Eigentlich geht die Geschichte mit dem Frosch nämlich ganz anders. Ich ziehe mal mein altes Märchenbuch zu Rate: 


Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich

"In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat, lebte ein König, dessen Töchter waren alle schön, aber die Jüngste war so schön, dass die Sonne selber, die doch so vieles gesehen hatte, sich verwunderte, sooft sie ihr ins Gesicht schien".

Ok, ich fass mal zusammen: Sprechender Frosch tut heulender Prinzessin einen Gefallen, indem er ihr Lieblingsspielzeug, eine goldene Kugel - nicht ganz zeitgemäß, ich weiß - aus der Tiefe eines Brunnens wieder hervorholt. Als Gegenleistung verlangt er aber, dass das Fräulein ihn mit zu sich nach Hause bringt, wo er fortan als Spielkamerad fungieren will. Und die verspricht: "Ach ja, ich verspreche Dir alles, was Du willst, wenn du mir nur die Kugel wiederbringst!" Worauf der Frosch erfolgreich seinen Job erledigt. Die Prinzessin findet den Frosch dann aber plötzlich nicht mehr so wirklich attraktiv und macht sich aus dem Staub. (Merke: Nirgendwo im Märchen findet sich auch nur ein Hinweis darauf, dass der Frosch eine Krone trage!!!) Der Frosch hat´s schwer, nimmt aber die Verfolgung bis zum Schloss auf: "Königstochter, jüngste, mach mir auf, weißt Du nicht, was gestern Du zu mir gesagt bei dem kühlen Brunnenwasser?"
- Und weil Märchen ja bekanntlich was für die gute Erziehung tun sollen, sind die Eltern angesichts des armen und mit Flucht abgespeisten Frosches ziemlich sauer und bringen dem Fräulein erstmal gute Manieren bei: Frosch isst mit, Frosch trinkt mit - und: Frosch darf bei Prinzessin übernachten (SKANDAL!). Die Kleine ist darüber dann auch derart erbost, dass sie den kleinen grünen Kerl kurzerhand am Bein packt und gegen die Wand haut. O-Ton: "Nun wirst Du Ruhe haben, du garstiger Frosch!" Und dann steht plötzlich der Prinz vor ihr. Geküsst wird in diesem Märchen übrigens überhaupt nicht, nur der Heinrich verliert noch seine drei schweren Eisenringe ums Herz.

Tatsache ist also: Frösche muss man erstmal ordentlich vor die Wand hauen, bevor sie sich zu Prinzen entwickeln. Und Frösche werden auch nicht geküsst, ganz im Gegenteil. Mein Rat frei nach den Gebrüdern Grimm daher: Alle Frösche, die denken, dass sie irgendwann mal geküsst ganz gute Prinzen werden könnten, sollten sich also nicht allzu große Hoffungen machen. Und Ihr wisst ja jetzt: Dass das Wünschen noch geholfen hat, das war in den alten Zeiten...!

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