Samstag, 22. Januar 2011

Besser nur gehört und nicht gefunden: Die Entthronung der Könige

Nach dem Konzert in der Posthalle von Selig war ich sozusagen in Fan-Trance und geriet auf die "offizielle Seite" einer Selig-FanHP, die versprach, aktuell über Alben, Konzerte und sonstiges zu berichten. Habe ich dann im Spontan-Rausch mal ausgetestet und mich sogar registriert.
Schon nahm das Unheil seinen Lauf: Offiziell heißt offenbar, dass eine junge Dame da zu allerlei Aktionen mobil macht und ich aufgerufen werde, in meiner Stadt Werbung für "die Jungs" zu machen. Sogar ein Weihnachtsgeschenk für "die Jungs" gab es in Form eines nach ihrer Band benannten Sterns, bei dem alle Mitglieder mitschenken konnten (?!#?). Außerdem soll ich in meiner Stadt Aktionen durchführen, um T-Shirts abzustauben.

Wow.

Ich bin ja schon groß geworden die letzten Jahre. Aber "die Jungs" sind sicher über vierzig. Bis vor kurzem wusste ich noch nicht mal ihre vollständigen Namen. Auch sonstige Sozialdaten habe ich nie auswendig gelernt. Denn irgendwie fand ich immer, dass das bei Leuten, die Songs wie "Arsch einer Göttin" spielen, irgendwie so gar nicht pässig ist. Es kam mir sogar echt uncool vor. Und öffentliche Aktionen - das braucht meine Lieblingsband???
Einer "der Jungs" stand neulich für Fragen im Chat zur Verfügung. Ich nahm nicht daran teil. Denn Selig war für mich immer unerreichbar fern auf einem Stern im heimlichen Fanhimmel, der unumstößlich jedes markante Ereignis meines Lebens vom größten Liebeskummer bis zum tollsten Urlaubstag umrahmte. Die Jungs sind also meine Könige, und sozusagen mit einem musikalischen Heiligenschein umgeben, der staunende Verehrung verlangt!
Jetzt bekam ich dann als I-Tüpfelchen eine vor Aktionismus strotzende E-Mail, in der ich aufgefordert wurde, dem Gitarristen zum Geburtstag Briefe oder Geschenke zu schicken. Aha. Fanpost. Mit solchen Idees wurde ich doch zuletzt mit 13 konfrontiert, oder? Das waren damals Zeiten, in denen ich immer ein Autogramm von Marc Owen (Take That I.) haben wollte. Der ist in der Zwischenzeit über eigene Musikerversuche nach einem Abstecher im englischen Big Brother Haus wieder auf den Bühnen der Welt gelandet (Take That II.). Seine Fans sind um die Dreißig, und eigentlich haben wir da Kinder, Jobs und müssen uns mit Yoga fit halten. Kitschige Fanpost schicken gehört nicht mehr zu unserem Metier.

Dafür verfügen wir über genügend Barmittel, um die Musik nicht illegal im Internet runterladen zu müssen, sondern kaufen Cds und Konzertkarten. Ich nenne Original Fan-T-Shirts der Smashing Pumpkins, von Marius Müller Westernhagen und natürlich auch von Selig mein Eigen. Die trage ich übrigens auch, und das muss als wirksame Öffentlichkeitsarbeit von Otto-Normal-Fan reichen. Fragwürdige Aufkleber Aktionen empfinde ich da eher als Anbiederungs-Mitleidsakt... Für alles andere werden doch außerdem Manager bezahlt. Ich fühle mich nicht berufen. Ich will nur Musik hören. Ich will, dass diese einzigartig coole Band genauso cool und weit weg-erwachsen bleibt, wie sie es die letzten zehn Jahre war. (Naja, zugegebenermaßen als sie Musiker sich vorübergehend getrennt hatten und jeder sein eigenes Ding machte).
Aber ich will NICHT den selbstbesungenen Popstarkult und Fotos mit dem Lieblingskuscheltier in der Bravo! Am Ende kann ich da noch ein Date ersteigern, und Viva filmt das ganze vor rosa Wölkchen-Kulissen.

Also, ich habe meine Mitgliedschaft im Meet-Your-Star-Club jedenfalls nach den jüngsten Entwicklungen kündigen wollen, denn das war jetzt einfach ne Spur zu hart. Leider hatte ich da mein Passwort schon vergessen, und das brauche ich zum Einloggen, um meinen Account zu löschen. Bis zum heutigen Tage habe ich dreimal versucht, mir meine Daten schicken zu lassen. Leider kommt keine Reaktion. Vielleicht muss ich tatsächlich eine E-Mail an den Administrator schicken. Zum Glück habe ich von dem tonnenweise Mails in meinem E-Mail-Fach, seit ich Mitglied geworden bin.
Ich will aber keine Fanpost schicken. Ich wär lieber einfach selig, um gelegentlich auf Konzerten taube Ohren zu bekommen. Und ich will gute Musik. Bitte lasst meine Könige auf ihrem Thron, und lasst mich im Glauben an ihre endliche Unendlichkeit.

Keine Kommentare: