So mancher Arbeitsrechtler wird ob dieser obskuren Geschichte wohl den Kopf schütteln, ist es doch gerade die so diskriminierungsanfällige Homosexualität, die den kleinen Buchhalter Pignon vor dem Rauswurf aus einer großen Kautschukfabrik bewahren soll. Wer jetzt denkt, dass das AGG doch was gebracht hat, der sei eines besseren belehrt: Erstens spielt die Geschichte in Frankreich, zweitens ist das Stück schon viel älter als das AGG und drittens handelt es sich bei besagter Fabrik um eine, die vor allem Präservative herstellt - und da will man sich schlichtweg nicht die Kunden vergraulen.
Tragisch dabei: Unser guter Held Pignon ist kein klitzekleines bißchen schwul, sondern nur Opfer einer arbeitsplatzerhaltenden Mobbing-Maßnahme mit Notfall-Outing geworden. Wie man sieht, geht die Rechnung auf: Pignon ist plötzlich interessant, wird ein wertvoller Mitarbeiter und sogar der böse macho-männliche Personalchef Santini steht auf einmal für ein Essensdate in der Schlange, weil ihm aufgeht, dass Rugby ja hauptsächlich wegen des Männerkörpereinseifens in der Dusche so spannend ist.
Ob Pignon ein rückwärt-Outing zum Heteromann vergönnt ist, ob der Machochef auch im sexy knallroten Jogginganzug am Arbeitsplatz weiter diskriminieren darf und was eigentlich auf den Fließbändern in einer Kondomfabrik so abgeht, das schaut man sich derzeit im Theater Chambinzky als neues Regiewerk von Gwendolyn von Ambesser in Würzburg an.
Volker Baumann alias Pignon als hinreißend bemitleidenswerter Langweiler, der sich dank Nachbarshilfe vom trickreichen Belone (Norbert Straub als einfallsreicher Katzenfreund) zum coolen Verführer mausert, Joachim Vogt als testosteronstrotzender Personalchef Santini mit Hang zur Fummelei am Arbeitsplatz und vor allem auch die Kolleginnen Mme Bertrand (nicht nur auf dem Punkt, sondern auch noch beneidenswert schön: Ana Dylgerova) und der türkische Honig Ariane (herzig und mit dem gehörigen Pfiff: Sandra Ellena) sorgen mit Chef Guillaume (herrlich korrekt inkorrekt mit der notwendigen stiffness: Michael Engelhardt) für einen Theaterabend, der einzig durch die etwas verqueren Pausenmusiken manchmal gestört wird, aber sonst durchgehend mit dem nötigen Charme jede Langeweile vertreibt.
Karten bringt wie gewohnt der www.chambinzky.com-Storch auf Bestellung, und wenn mir das Ensemble noch ein Foto an Chello@ist-einmalig.de schickt, könnt Ihr das hier auch demnächst bewundern.
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