Mittwoch, 2. Oktober 2013

Urlaubn! - Mallorca 2013

Des Deutschen liebstes Ziel ist immer noch Mallorca, das nach meinen Recherchen ja sogar mal als 17. Bundesland im Gespräch gewesen sein soll. Weil die Zeit drängt, wir nur einmal im Jahr so richtig Gelegenheit zum ausgibigen Nichtstun haben und ausserdem immer noch keinen häuslichen Internetanschluss (was eine Suche nach spannenden Zielen in aller Welt doch als recht schwierig gestaltet) fällt unsere Wahl auf eben diese Insel, um dort auch mal ein paar Tage Urlaub zu machen. Und herrje, sie ist wirklich wunderschön... wir sind im Norden am Strand von Muro gelandet. Da ist es ruhig und die Bucht von Alcudia präsentiert  hellen Sand und blaues klares Meer. Deshalb bleiben wir erstmal ein paar Tage dort liegen und aalen uns in Sonne, Meer und Buffet. 

Erst am fünften Tag erkunden wir mit dem Rad Port de Alcudia und auch Alcudia selbst sowie Pollença. 

Port Álcudia

 Alcudia

Mit dem Bus geht es nach einem weiteren Ruhetag nach Palma. Der ist mit ca. 12 Euro hin und zurück viel günstiger und praktischer als ein Mietauto. Ich gebe mir dabei dann auch die richtige Dröhnung, denn ich höre auf dem Weg die besten Schlager der letzten ungefähr 350 Jahre, und diese Playlist von der allerallercoolsten Schlager - BILD - CD hat es in sich und muss einfach im Pauschalurlaub mal sein, und wenn es auch nur auf einer Busfahrt gelingt - deshalb muss ich sie Euch vorstellen ;-) : 

Nicole: Ein bißchen Frieden (läuft auch jeden Abend an der Bar über der wir wohnen..)
Wolfgang Petry: Verlieben Verloren...
Chirstian Anders: Es fährt ein Zug nach Nirgendwo (Es fährt ein Bus nach Paaaaahalma...)
Marianne Rosenberg Er gehört zu mir
Ibo: Ibiza (auch auf Malle schön)
Dschingis Khan: Moskau (supi: keine Fellstulpen auf Malle nötig!)
Dorthe: Wärst Du doch in Düsseldorf geblieben
Howard Carpendale: Ti Amo
Ninoo di Angelo: Jenseits von Eden
Connie Francis: Schöner fremder Mann
Manuela: Schuld war nur der Bossa Nova
Chirs Wolff: Palma de Mallorca (absoluter Höhepunkt der Liste!!!)
Hoffmann und Hoffmann: Himbeereis zum Frühstück
Trude Herr: Ich will keine Schokolade
Toni Holiday: Tanze Samba mit mir
Jürgen Drews: Ein Bett in Kornfeld
Caterina Valente: Ganz Paris träumt von der Liebe
Mina: Heißer Sand

Allerdings müssen wir am Abend wegen Touristenüberfüllung auf einen Zusatzbus warten, und zwar eine halbe Stunde. Ist aber nicht so schlimm, Palma hat mit seinen schönen Gassen und hübsche Häusern dafür auf jeden Fall genug Entschädigung geboten. Dort kann ich die Kathedrale bewundern, und außerdem ein bißchen shoppen.

Mit dem Mietwagen erkunden wir am nächsten Tag Inca, Binissalem, die Jardins d´ Alfabia, das beeindruckende Gebirge vor Sollèr und Port de Sollèr. 

 Jardins d ´Alfabia

Auf dem Wochenmarkt von Inca interessiere ich mich für eine blaue Tasche, was uns innerhalb von Sekunden in ein Verkaufsgespräch verstrickt, das mich irgendwie an meine finstersten Feilscherlebnisse aus der Türkei 2012 erinnert... damals bin ich tatsächlich einfach weggelaufen, als es mir zu wüst wurde, aber hier ist mein Liebster schon auf meine Fluchtstrategie vorbereitet und nimmt die Sache selbst in die Hand.
„What is your price“? – „This might bei your price, but not my price...“- wenn der Liebste dabei ist, brauche ich meine Oma gar nicht, stelle ich fest. Der feilscht ja noch besser als die alte Dame, und die hat sich, wahrscheinlich kriegstechnisch und bedingt durch lange Jahre selbstständigen Gastronomendseins, schon einiges an Künsten angeeignet. Wir prüfen, tasten, fragen nach dem Tier von dem das Leder stammt und bemängeln die Verarbeitung, während der Verkäufer die Ware lobt und preist. Dreimal wenden wir uns zum Gehen und erzielen erstaunliche Preisnachlässe. Der Mann schwärmt vom marrokkanischen Kamelleder und verrät uns auf Nachfrage, dass er aus dem Senegal stamme. Interessanterweise hält er auch danach an seinem bemitleidenswert gebrochenen Englisch fest. Very tricky... frech wird der Bursche jetzt außerdem, weil wir doch sehr bestimmt gehen wollen. Nach einem klaren und vollständig deutsch aktikulierten "Wenn du mich beleidigst, nehme ich sie gar nicht" vom Liebsten an den Vertragspartner kriege ich meine Tasche für eine akzeptable Summe Euros. Auf ähnliche Weise erhalte ich einen coolen Pareo fürs Patenkind.
Wir suchen in Binissalem vergeblich die Weinberge – denn von dort gelangt der Wein auf dem mallorquinischen Markt und mundete uns ausgezeichnet. Trotzdem: Keine Weinberge weit und breit, weshalb wir uns auf der Route über die Berge mit einem Zwischenstopp in den orientalischen Gärten von Alfabia einen Überblick von oben verschaffen wollen. Weinstöcke finden wir auch von dort aus nicht (das Geheimnis haben wir bis heute nicht gelüftet!!!), aber dafür wunderbare Aussichten und Panoramen.
Abends genießen wir den 50er-Jahre-Flair des Hafens von Sollèr. Dort ist es wie in den alten Filmen, und ich genieße die Stimmung.

Beim Abendessen zurück im Hotel wissen wir schon, dass es besser ist, die Umgebung des „Professors“ zu meiden. Der ist zwar wahrscheinlich nicht wirklich Professor, aber herrlich verschroben und miteilsam. Neulich ist er und mal beim Frühstück begegnet und hat mich auf geradezu possierliche Art und Weise an eine Mischung aus „Marcel“ und „Alexander von Eich“ alias Christian Ulmen in „Mein neuer Freund“ erinnert. Es ist erstaunlich, wie er - stets lässig im rosa Leinenhemd, von dem nur der oberste Knopf geschlossen sein darf, und mit auf dem Haupte thronenden Haarreif (!) - seinem Frauchen  die Welt erklärt. Aus der Mitteilung im Joghurtdeckel, dass der stolze Besitzer des Bechers bei einem im Internet platzierten Gewinnspiel bis zu 40 Euro gewinnen kann, wird die bejubelte Nachricht "Guck mal Schatz, du hast 40 Euro gewonnen!!!" Eigentlich wird alles, was beim Buffet auftaucht, bestaunt wie ein seltenes Tier und der Dame an der Seite präsentiert. Das finde ich schon lustig, aber ich musste leider auch mitanhören, dass er die süße schwarze Katze, die hier offenbar auf Vollpension eingecheckt hat, als „Flozirkus“ bezeichnete. Das geht ja gar nicht: Bettelnde Katzen kriegen immer was von mir und müssen sich zum Dank dafür von mir streicheln lassen. Der Professor soll das nicht kommentieren und wir setzen uns woanders hin.
Diese Nachbarschaft allerdings ist wesentlich unangehmer als „le proffesseur“: Der deutsche Pauschalurlauber mit Bildungshintergrund dank Anstellung bei der Allianz. Das haben wir schon nach der Bestellung der Getränke  raus. Es handelt sich um ein Ebenbild Heino Ferchs. Behauptet der Typ jedenfalls selbst von sich - ich kann da keine Ähnlichkeiten  entdecken (wohl aber eine schier unglaubliche Beleidigung für Heino Ferch). Der Herr belehrt, wie man Urlaub zu machen hat und sportliche Aktivitäten lernt. Eigentlich belehrt er nicht uns, sondern das arme Paar mit Ossi- Akzent, mit dem man sich offenbar am selben Tag angefreundet hat. Ich verfolge aufmerksam, wie er sogar das Radfahren als so außerordentlich technikabhangige Disziplin beschreibt, dass man als Hobbysportler besser erst gar nicht damit anfängt.
Gut, dass er nicht weiß, was für eine schöne Radtour wir gemacht haber, der Liebste und ich, ganz ohne Helm und Radtrikot gemütlich an der Küste und mit Verzicht auf Führer und Windschatten. Schließlich erzählt er seiner Begleiterin (Internetbekanntschaft und aus Versehen mitverreist oder aber arme Sekretärin) noch ausführlich von seiner Exfrau. Bei jeder Bemerkung der anderen abschätziges Lachen und Eigenkommentare: Der Mann weiss alles besser. Beleidigt Prag und dann auch noch Amsterdam. Dann zu dem anderen Paar, der Herr (der uns entfernt an Angela Merkels Mann Joachim erinnert) hat sich gerade genüsslich in ein wohlverdientes Urlaubsbier versenkt, die Aussage: „Also ich trinke ja gar nichts. Wenn man sich das mal überlegt, wie der Alkohol bei uns vergessen wird als Volkskrankheit! Und ich rede hier von Leuten, die trinken jeden Abend ihre halbe Flasche Wein! Und die denken, das ist normal! Aber das ist nicht normal!“
Der arme Joachim. Sein Frauchen versucht noch mitzuhalten, hat aber keine Chance gegen Herrn Allianz - Oberschlau. Ich kann kaum an mich halten. Der Liebste schaut mich an und grinst. Als der Nachbar beginnt, die Koalitionspläne der CDU zu analysieren und ohne Sinn und Verstand über Jürgen Trittin lästert, stehen wir dann endgültig auf. Auf dem Weg zur Tür tut es uns leid- beim Buffet ist nämlich heute ein Schokobrunnen aufgebaut. Wir nehmen den Nachtisch (in meinem Fall den zweiten Nachtisch) an einem anderen Tisch ganz nahe beim Buffet ein. Und ich bin wieder glücklich.
Am nächsten Abend halten wir Abstand. Nicht aber, ohne beim Vorbeigehen zu bemerken, dass jetzt jeder am Tisch nur noch Wasser trinkt. Bis auf den Checker: Der trinkt Cola. Naja, ob das so gesund ist... Armer Joachim, denke ich mir, das war´s mit dem Urlaubsbierchen. Ich drücke ihm die Daumen, dass er sich freistrampeln kann. Vielleicht kann er ja heimlich mal ein Schnapspralinchen essen oder einen Schnellausflug zum Ballermann machen (getarnt als Radfahrkurs oder so), während die anderem am Strand sind.

Und der Strand,  ja, der Strand ist der Hammer. Vor Freude will ich am ersten Tag, als wir uns kennenlernen, am liebsten gleich ins Wasser pinkeln und die natürliche Freiheit des Ozeans spüren. Das Wasser ist aber so klar und es gibt da halt auch noch andere  Badegäste, da lass ich´s lieber und nehm das Strandbar-Klo.
Very entertainig: Die Ansage des Melonenmanns, der immer mit eine Schubkarre voller Obst  den Strand abpflügt: „Hallo papa mama happa happa fruti fruti drei euros la melona pineapple banana coconut! Melona cocoloco hallo papa mama potentia e vitamina para papa e mama! cocoloco la melona happa happa!
Der Mann ist rund, freundlich und lacht fast immer. Ich könnte mir das ewig anhören. Aber im Wasser warten Fischli und Seesterne und ab und an weiter draussen eine oder manchmal auch ein ganzer Schwarm  faszinierend grosser Quallen, größer als mein Kopf, auf mich. Ich muss das erkunden! Die Quallen erschrecken mich bei unserer ersten Begegnung furchtbar. Ich will hinausschwimmen bis zur gelben Leuchtboje (wie schon am Tag zuvor einmal) habe aber diesmal eine Schwimmbrille auf, die mir erlaubt, auch unter Wasser alles zu sehen, was ich kurzsichtigerweise so sehen kann. Sprich: Was sich so im Wasser tummelt, taucht in meinem beschränkten Sehfeld auch wirklich erst dann auf, wenn ich quasi schon reinschwimme. Bei einem Schwarm dunkler Riesenquallen der Größe eines hausverträglichen Hundes ist so ein Treffen verständlicherweise etwas aprupt.
Als wir uns am letzen Tag aber etwas angefreundet haben, besuche ich die Mädels  mit Kontaktlinsen und stelle fest, dass die ziemlich gezielt vor mir die Flucht ergreifen. Am Nachmittag bin ich total mutig und fasse einen der prallen Quallenkörper sogar an. Fest und glatt fühlt sich das an - auf das Anfassen der Tentakeln verzichte ich vorsichtshalber. Zur Boje schwimme ich trotzdem nicht mehr. Ich hab nämlich einen ganz natürlichen Respekt vor allem, was da wohl noch so rumschwimmt und habe kurz hinter einem Quallenschwarm schon zwei armlange helle und flinke Fische erspäht. Ich streichle stattdessen einen Seestern. Spongebobs dämlicher Freund  Patrick ist irgendwie weniger unheimlich, weiß meine Zuneigung aber irgendwie nicht so richtig zu würdigen.

Auf jeden Fall genieße ich die Sonne, diese herrliche, spanische, warme, streichelzarte Septembersonne. Und bin glücklich. Glücklich, während  der Liebste mich über Mallorcas Berge durch zerklüftete Felslandschaften fährt oder ich die über 300 Stufen zur Kirche von Pollenca hocbschreite,  nur, um mir dort glücklich ein Eis zu kaufen und beim Verzehr einer Katze beim Mittagsschlaf zuzusehen.



In Deutschland fängt jetzt der Herbst an, weiß  ich aus dem Wetterbericht der FAZ, die AfD hat Gott sei Dank nicht den Einzug in den Bundestag geschafft und Angie denkt vielleicht über eine Koalition mit dem Grünen nach. Schon eine Woche vor der Wahl habe ich per Brief meine Stimmen verteilt und mich auf dem Herflug gefragt, ob mir ohne Marcel Reich-Ranicki wohl etwas fehlen wird. Das alles ist herrlich weit weg, ungefähr in Marsentfernung, würde ich schätzen, und etwa gleich weit weg wie mein Handy, Emails und Facebook. Das ist mein Urlaubsziel: Erlaubt ist nur eine Anzahl von ca. fünf Sms, die ich brauche, um meinen lieben Anverwandten meinen Standort zu offenbaren und Biggis Plz zu erfahren. Als ich ihr dann eine Karte schreibe, vergesse ich naturgemäß, die PLZ dann auch tatsächlich zu ergänzen und schmeiße sie ohne in den Postkasten an der Rezeption. Zum Glück ist man dort gern bereit, mit mir zusammen das Postgeheimnis zu brechen und aus etwa fünfzig Karten die mit der fehlenden PLZ rauszusuchen, damit ich die wichtigen Zahlen noch ergänzen kann. Hoffen wir, dass der Vogel sein Ziel erreicht... Wir jedenfalls sind jetzt längst wieder da – aber noch keine einzige Karte!

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