Donnerstag, 2. April 2009

Gelesen: Cantharis vesicatoria sudanii – Abenteuer mit dem Sudankäfer

Abends im Bett noch was lesen, das hat was – insbesondere in düsteren Examenszeiten, in denen man wirklich froh ist, wenn man kurz vor dem Schlafen nochmal an was anderes denken darf als an Zweitwohnungssteuersatzungen oder Mängelgewährleistung.
Leider ist meine momentane Bettlektüre streckenweise fast genauso unansehlich: Haufenweise Päpste, Kardinäle, Könige und Kaiser, die dann auch noch alle aufs verschraubteste miteinander verwandt sind, ellenlange Monologe und eine nicht gerade besonders übersichtliche Handlung... die stinkenden Katakomben, in die es ab und zu einen mehr oder weniger aufheiternden Abstecher gibt, können die Strecken dieses historischen Romans leider auch nicht vergessen machen. Trotzdem habe ich es nun bis Seite 350 geschafft.
Aber dann habe ich mir etwas erlaubt, vor dem ich mit 17 wahrscheinlich entrüstet die Nase gerümpft hätte, da es ja ein bißchen etwas von Kapitulation hat, was mich aber mit 27 in wahre Begeisterungsräusche versetzt: die entspannende Zweitlektüre. Und die hatte es wirklich in sich!
Am letzten Wochenende machte ich mich nämlich zusammen mit Onkel Oswald auf die Suche nach einem Vermögen. Mister Oswald Cornelius ist ein gutaussehender, junger Mann von gerade mal 17 Jahren, als er sich auf den vagen Tipp eines Bekannte hin aufmacht, den geheimnisvollen Sudankäfer zu finden. Getrocknet und eingestampft als Pulver ist dieser sudanesische Ölkäfer nämlich das allergrößte Aphrodisiakum, dass man sich überhaupt vorstellen kann - einmal eingenommen, zwingt er tatsächlich das Opfer nach haargenau 9 Minuten, unbedingt der körperlichen Liebe frönen zu müssen. Seine Wirkung ist wirklich phänomenal und kann dazu über Stunden andauern!!! Das stellt auch der Held der Geschichte schon sehr bald fest, als er die erste Käferdosis mit Madame Nicole aus Paris auf ihre Wirkung hin überprüft. Dass Oswald bei seinen Reisen eine Spur von tausenden Frauenzimmern aus Bulgarien, China, Frankreich, Italien, der Türkei und auch sonst von jedem Ort der Welt hinter sich lässt, die er ausnahmslos alle von seinen unglaublichen Qualitäten als Liebhaber überzeugen kann – sogar ganz ohne Käfer - versteht sich von selbst. Aber dass er es auch noch schafft, sich mit Hilfe des ollen Käfers in sämtliche Königshäuser Europas zu katapultieren und dabei unfassbar reich wird, verschafft dem Leser denn doch besondere Genüsse, die mit einem entspannt-kulinarischen Voyeurismus einhergehen und dabei niemals ihren gewissen Witz vermissen lassen. Damit auch die Herren auf ihre Kosten kommen, wird Oswald bei der Jagd nach seinem Vermögen von der wunderschönen Halbperserin Yasmin begleitet, die herrlich anrüchig und dabei unglaublich schön ist. Ganz egal ob in London oder Spanien, bei welchem vorzüglichen Wein oder gebratenem Huhn - Yasmin und Oswald als eine Art Bonnie und Clyde auf der Jagd nach dem richtigen Samen lassen jedenfalls kein Techtelmechtel mit berühmten Persönlichkeiten aus. Und auch, wenn Schlitzohr Oswald mit den einen oder anderen Widrigkeiten zu kämpfen hat - am Ende läuft doch meistens alles nach seinen Vorstellungen.
Nach der Lektüre des Buches hat man jedenfalls selbst auch eine ordentliche Dosis Cantharis vesicatoria sudanii im Blut und ist in jedem Fall süchtig – nach Roald Dahl, dem Verfasser dieser unglaublichen Geschichte: "My Uncle Oswald" oder "Onkel Oswald und der Sudankäfer". Von Onkel Oswald existieren im Übrigen noch weitere Kurzgeschichten, die man unbedingt gelesen haben sollte.
Und wenn ich das nächste Mal in diesem Frühjahr unterwegs bin, werde ich mir gut überlegen, wem ich gerne mal eine stecknadelkopfgroße Prise vom Käferpulver unterjubeln würde...

Lieblingswort? was für eine Frage! -Sudankäfer natürlich!

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